Geboren als Kind indischer Einwanderer in Kalifornien, aufgewachsen zum einen bei der Großmutter in Indien, zum anderen in Südfrankreich – kein Wunder, dass aus RUPA MARYA eine Weltenbummlerin wurde, auch im musikalischen Sinn.
Zwar wurde Ihr die Musik durch ihren Vater – ebenfalls Musiker – genau wie die Internationalität praktisch in die Wiege gelegt, doch betrieb sie das Musizieren lange Zeit nur als Hobby neben dem Medizinstudium. Auch später arbeitete sie tagsüber als Ärztin und machte abends die Bühnen und Clubs der Gegend um San Francisco unsicher. Ihre Band (der Name rührt von dem französischen Brauch her, sich am ersten April heimlich kleine Papierfische auf den Rücken zu kleben) begann zunächst als ein Duett mit dem Cellisten Ed Baskerville, später kamen andere Musiker dazu und gingen wieder. Momentan besteht die Band neben Rupa (Gesang, Gitarre) aus Mario Alberto Silva (Trompete), Aaron Kierbel (Percussion), Safa Shokrai (Bass) und Misha Khalikulov (Cello).
Im Jahr 2008 veröffentlichten RUPA & THE APRIL FISHES ihr Debutalbum „eXtraOrdinary rendition“, auf dem hauptsächlich in französischer Sprache gesungen wurde. Bereits der Albumtitel war ein politisches Statement. Der Ausdruck, übersetzt „außerordentliche Auslieferung“ war eine Vorgehensweise der Bush-Regierung, und bezeichnet das Entführen und Überführen von Terrorverdächtigen von einem Staat zum anderen ohne juristische Grundlage .
Der Nachfolger „Este Mundo“ (2009), beschäftigte sich vornehmlich mit der immer größer werdenden lateinamerikanischen Bevölkerung Kaliforniens und der Einwanderungsproblematik, ein Thema, das Sängerin Rupa durch ihre Arbeit in einem Krankenhaus für illegale Einwanderer bestens vertraut war. Die Songs auf dem Album waren folgerichtig vornehmlich in Spanisch.
Nun legte die Gruppe mit „Build“ ihr drittes Album vor, zum ersten Mal fast gänzlich mit englischen Texten.
Geblieben ist allerdings das Politische. Die Songs sind inspiriert oder beschäftigen sich mit den unterschiedlichen internationalen Protestbewegungen der letzten Zeit, wie dem Kampf gegen die Privatisierung von Wasserrechten in Bolivien („Cochabamba“) oder den Protesten auf dem Tahrirplatz in Kairo. Tonaufnahmen von dort, aber auch von Protestkundgebungen in Athen und der kalifornischen Occupy-Bewegung flossen als Samples in den letzten Song „Electric gumbo radio“ ein. Besonders engagiert sich die Band auch für ökologischen Anbau und die Rechte kleiner Bauern weltweit. So heißt es etwa im Titeltrack des Albums: „There ain’t nothing they can tell me, There ain’t nothing they can sell, […] I got everything I need, Water wind and fire, Earth and sunshine […] I know how to build.“ Hier wird schnell klar, dass die Band nicht nur Mißstände anprangert, sondern dies auch immer mit etwas Positivem verbindet. Nicht nur reden und meckern, sondern selbst handeln ist die Devise. So führt die Band auf ihren Reisen durch die Welt immer einen kleinen Koffer mit Samen mit sich, um bei ihren Auftritten ganz nebenbei eine Samentauschbörse zu betreiben. Auch aus einem kleinen Samenkorn kann etwas großes erwachsen, so die symbolische Idee. Wen wunderts, dass selbst das kleine Pappkärtchen (selbstverständlich voll kompostierbar) mit dem Download-Link fürs Promo mit Wildblumensamen präpariert wurde und darauf neben der Web-Adresse die Aufforderung zu lesen ist, man möge es einpflanzen und gießen? „Don’t leave it in your washing“, warnte mich Basser Safa grinsend, „or your pants will grow flowers!“
Die positive Energie, die RUPA & THE APRIL FISHES trotz allen Protests in ihren Texten transportieren, setzen sie auch in ihre Musik um. Natürlich finden sich da alle möglichen Eindrücke wieder, die man bei den Reisen um die Welt gesammelt hat oder die die Bandmitglieder durch ihren Migrationshintergrund sowieso mitbringen. In Deutschland ist letzterer Ausdruck ja eher negativ besetzt, hier wird bewiesen, wie fruchtbar verschiedene Kulturen zumindest musikalisch zusammenwirken können. Wie schon auf den Vorgängeralben mischen sich auch auf „Build“ verschiedenste Stilrichtungen wie Rock, Reggae, Ska, Gipsyswing, Chanson und Balkanbeats mit lateinamerikanischen, karibischen, afrikanischen und indischen Einflüssen zu einem nicht immer homogenen, dafür aber höchst interessanten und in hohem Maße tanzbaren Gesamtsound. Selbst der CLASH-Klassiker „Guns of Brixton“ wird ohne Probleme in das bunte Gemisch integriert.
Vielleicht klingt die Band auf ihrem neuen Werk teilweise ein wenig mainstreamiger als man es gewohnt ist, ein Eindruck, der aber wohl in der Hauptsache durch die englischen Texte bedingt ist. Dennoch haben mir persönlich die beiden ersten Scheiben einen klitzekleinen Tick besser gefallen. Nichtsdestotrotz haben RUPA & THE APRIL FISHES mit „Build“ ein hervorragendes Album abgeliefert. In diesem Sinne: Steht auf, befreit Euren Geist und tanzt!
Tracklist:
1. Build
2. Weeds
3. Sur la route
4. No olvidado
5. The guns of Brixton
6. Inheritance
7. Like I do
8. Gone
9. Metamorphosis
10. Firewater
11. Cochabamba
12. Electric gumbo radio