Hugh Laurie – Michael Fowler Centre, Wellington (Konzertbericht)

Warme Holztöne dominieren den zweistöckigen Saal im Michael Fowler Centre, die zweifarbigen Theatervorhänge sind hochgezogen und mehrere antik aussehende Nachttischlampen mit schrägen Schirmen tauchen die Bühne in ebenso warmes Licht. Einige der Monitore und Racks sind mit Stoff abgehängt und verstärken die entspannte Wohnzimmeratmosphäre. Das Publikum ist durchschnittlich eher ein Stück älter und wohl wirklich wegen der Bluesmusik hier, während der jüngeren Generation HUGH LAURIE, der Star des Abends, eher aus den Fernsehserien Dr. House und Black Adder geläufig ist. Opernmusik läuft leise im Hintergrund und wird zeitweise von den murmelnden Besuchern übertönt.

 

Das Saallicht erlischt, die Bühne wird nur noch von den Stehlampen erleuchtet. „Am Tag bekämpfen sie das Verbrechen…“, wird die COPPER BOTTOM BAND per Durchsage angekündigt, bevor die Musiker auf die Bühne kommen und vom Publikum herzlich empfangen werden. HUGH LAURIE selbst erscheint einige Momente später frisch rasiert im rosafarbenen Hemd, mit einem Wasserglas in der Hand und offensichtlich gut gelaunt. „Danke, dass ihr heute an diesem verregneten, verregneten Tag hier hergekommen seid! Es erinnert mich an Zuhause!“, begrüßt der Brite sein Publikum in „Welly“.

Laurie spricht von seinem Schauspielerdasein wie von etwas, mit dem er komplett abgeschlossen hat und freut sich darüber, dass sich an diesem Abend so viele Menschen auf das Wagnis eingelassen haben, ihn in völlig neuer Umgebung wiederzutreffen. Man wäre ja auch skeptisch, wenn man in ein Flugzeug einsteigt und der Kapitän sich mit „Also, bis vor zwei Wochen war ich noch Zahnarzt, aber ich wollte einfach mal was völlig anderes machen.“ vorstellt. Dem Musiker ist seine Vergangenheit als Komiker anzumerken, stellenweise wirkt der Humor aber zu geplant um wirklich authentisch zu sein. Während die Parts zwischen den Songs etwas gekünstelt wirken ist die Leidenschaft für die Musik echt. Besonders voller Enthusiasmus ist die Blechblasfraktion bestehend aus Elizabeth Lea und Vincent Henry, der alles spielt, was ein Rohrblatt hat und wahrscheinlich auch einfach nur ein Rohrblatt spielen könnte, wie HUGH LAURIE augenzwinkernd anmerkt.

Das erste gemeinsame Album von ihm und der COPPER BOTTOM BAND „Let them talk“ erschien schon 2011, im Mai 2013 folgte „Didn’t it rain“. Mit der zweiten Scheibe wagen sich die Musiker noch weiter in die Musik der amerikanischen Südstaaten und Lateinamerikas vor – schon der Titel stammt von einem traditionellen Gospelstück. Im Laufe des Abends spielt sich die Band durch alte amerikanische Folklieder und Stücke verschiedener Musikgrößen wie LED BALLEY, JELLY ROLL MORTON – dem selbsterklärten Erfinder des Jazz –, BILLY TAYLOR, DR. JOHN und BESSY SMITH. „The Weed Smoker’s Dream“ wurde 1936 von JOSEPH „Kansas Joe“ MCKOY geschrieben und mit seiner Band HARLEM HAMFATS aufgenommen. Heute ist es mit gänzlich überarbeiteten Lyrics bekannter als „Why don’t you do right“. Die Band bringt das Stück zu seinen Wurzeln zurück und schafft es, auch in dem großen Saal eine sehr intime Atmosphäre zu schaffen.

Das erste Lied zum Mitsingen ruft gespaltene Reaktionen hervor. HUGH LAURIE kleidet die Skepsis in Worte: „Ich habe ein Ticket gekauft, warum singst du nicht einfach?“. Schließlich lässt sich das Publikum doch noch überzeugen und bildet einen durchaus beeindruckenden Backgroundchor bei „Come on baby, let the good times roll“. Die schwierigeren Gesangspassagen fallen an diesem Abend zumeist den beiden Sängerinnen Sister Rosetta Tharpe und ihrer etwas jüngeren Kollegin Jean McClain zu, die bereits mit Künstlern wie Jimmy Cliff und Sheryl Crow zusammengearbeitet hat. Eine Herausforderung, die die beiden mit Bravour meistern. Mal allein und mal gemeinsam kommen sie in die Mitte der Bühne, die eine im schwarzen, glitzernden Anzug, mit zwei roten Haarsträhnen im schwarzen Bob und dunkle Soulstimme, die andere mit grünem Kleid und etwas weniger starker Präsenz, dafür aber mit einer umso samtigeren Stimme. Sie singen neben „What kind of man are you“ auch „Didn’t it rain“ gemeinsam, während sich LAURIE ganz auf seine klare Stärke, das Klavierspielen, konzentriert. Er sitzt am Flügel, den Kopf schief gelegt und die Augen geschlossen, bevor er sich kurz darauf für einen Moment wieder halb dem Publikum zuwendet und die Arme ausbreitet.

Zwischen den nordamerikanischen Stücken entführt die Band die Zuhörer kurzzeitig nach Argentinien, zum Geburtsort des Tango. „El Choclo“ ist eines der ältesten Tangostücke und LOUIS ARMSTRONG verwendete die Melodie mit einem neuen Text für „Kiss of Fire“. Die Neuinterpretation des Stücks, die den englischen und den spanischen Text zusammenfügt, ist einer der klaren Höhepunkte des Abends. Hierfür sorgen nicht die eleganten Tangoschritte, die HUGH LAURIE und Jean McClain aufs Parkett legen, sondern vor allem die von ihr gesungenen spanischen Passagen. Zum Wegschmelzen! Der Großteil des Abends folgt streng der Setlist, wie sie bereits auf der vergangenen Südamerikatour gespielt wurde, doch ab und zu bleibt Raum für Abwechslung. „Wir werden etwas tun, was wir schon eine ganze Weile nicht mehr gemacht haben. Ihr könnte die Panik in ihren Gesichtern sehen – berechtigterweise“, scherzt HUGH LAURIE, bevor er „St. James Infirmary“ anstimmt. Der amerikanischer Folksong wird teilweise Joe Primrose aka IRVING MILLS zugeschrieben und wurde durch LOUIS ARMSTRONG bekannt gemacht. Sein Titel geht auf ein Leprakrankenhaus aus dem 16/17. Jahrhundert in London zurück. „Seitdem haben sie es etwas aufgeräumt“: An seiner Stelle steht heute der Camebridge Royal Palace. „Das hier heißt ‘Green green rocky road’ und bewegen ist verpflichtend!“, ruft Laurie dem Publikum vor dem letzten Stück des Programms zu. Es kommt noch einmal etwas Bewegung in die Sitzreihen, doch erst in den Zugaben trauen sich die Leute zum ausgelassenen Tanzen bis ganz nach vorne.

Setlist:
1. Iko Iko
2. Let the good times roll
3. Evening
4. Buona Sera
5. What kind of Man are you
6. Day & Night
7. Kiss of Fire
8. So damned good
9. Send me to the ‘Lectric Chair
10. Mystery Train
11. You don’t know my mind
12. The Weed Smoker’s Dream
13. Lazy River
14. Didn’t it Rain
15. Careless Love
16. Get out of my life, woman
17. St. James Infirmary
18. My Journey to the Sky
19. Wild Honey
20. I hate a man like you
21. I wish I knew how it would feel
22. Green, green, rocky road

23. Go to the Mardi Gras
24. Changes

Janina Stein

Über Janina Stein

Kulturgeographin, Fotografin und freie Journalistin, zuletzt 1 ½ Jahre unterwegs in Neuseeland, Australien und Asien. janina.stein (at) schubladenfrei.de
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