Lou Hill, Gareth Jones, Darrell Hawkins und James Parish lernten sich bereits zu Schulzeiten beziehungsweise kurz danach in London kennen. Zunächst gründeten sie eine Band unter dem Namen EX-LION TAMERS. Ihr Stil war zu dieser Zeit eher im Post-Punk und Art-Rock Genre zu verorten. Als sich der Erfolg einstellte, benannten sie sich in WILD PALMS um und ergänzten ihren Sound um eine deutliche Psychedelic-Komponente. 2010 unterschrieb die Band für drei Alben beim britischen Indie-Label One Little Indian und veröffentlichte im Folgejahr Debüt „Until Spring“. Nun, ganze fünf Jahre später, erscheint endlich ihre zweite Scheibe mit dem suggestiven Titel „Live Together, Eat Each Other“.
Mit dem Erstling hatten WILD PALMS seinerzeit von den Kritikern höchst unterschiedliche Reaktionen geerntet. Während die einen das Album „romantisch“, „episch“ und „liebevoll zusammengefügt“ fanden, nannten andere es „wenig kontrastreich“, „überzogen“, „überambitioniert“ oder schlicht „langweilig“. Ein Werk, dass ein derart geteiltes Echo hervorruft, ist es zumindest wert, gehört zu werden, so dachte ich seinerzeit und ich gestehe, dass ich zu den eher positiv überraschten gehörte.
Bei einer Produktionszeit von weniger als einem Jahr hätte man dann meinen können, dass auch die zweite Platte nicht lange auf sich warten lassen würde. Pustekuchen. Für „Live Together, Eat Each Other“ ließen sich die vier Jungs dann mal so richtig ordentlich Zeit. Darauf spielt auch der Titel des Ganzen an: „Da wir so lange daran saßen, so vieles neu aufgenommen haben und die Schichten der Stücke sich so oft veränderten, kam es uns am Ende teilweise so vor, als ob sich die Songs gewissermaßen selbst aufgefressen haben um dann in veränderter Form wieder hervorgewürgt zu werden.“, erklärt Sänger Lou Hill. Dass das Album überhaupt erschienen ist und die Band sich nicht völlig verzettelte, ist, wie die Musiker zugeben, zu einem Teil der Hinzuziehung von Produzent Liam Howe (u.a. LANA DEL REY, FKA TWIGS) zu verdanken.
Nun könnte man berechtigterweise Angst haben, dass bei einer derart verkopften Herangehensweise und perfektionistischen Bastelei das Ursprüngliche der Musik auf der Strecke bleibt und man es mit einer verquast-intellektuellen und eher anstrengenden Platte zu tun hat. Diese Befürchtungen erweisen sich beim Hören jedoch schnell als nichtig. Ganz im Gegenteil: der Sound klingt im Vergleich zum Vorgänger zwar wesentlich facettenreicher, aber auch irgendwie frischer. Die neun Tracks (+ Intro + drei Zwischenstücke) rangieren zwischen Art-Pop, Indie, Alternative, Prog und Psychedelic; gelegentlich lassen sich auch House- beziehungsweise Club-Elemente entdecken. Die Songs transportieren durchweg eine verträumte, zuweilen auch verträumt-düstere Stimmung, die dem Album trotz der verschiedenen Einflüsse, die in der Musik hörbar sind und bei aller Lust der Band, verschiedene Schichten und Klangebenen zu kreieren, einen gewissen durchgehenden Flow verleiht. Und natürlich gibt es auch ein klar verbindendes Element in Form der Stimme von Lou Hill, die gleichsam androgyn wie einprägsam über den Klanggemälden schwebt und den Hörer sehr schnell einfängt.
Fazit: Eine stimmige Weiterentwicklung. Mit „Live Together, Eat Each Other“ ist WILD PALMS ein anspruchsvolles Indie-Pop Album gelungen, das vielleicht nicht unbedingt mit einer Menge an hitverdächtigen Songs glänzt, aber durchgehend schön zu hören ist und auf jeden Fall seine Liebhaber finden wird. Musik für einen relaxten Sommerabend.
Anspieltipps: „Ennio“, „Lance and Candice“
VÖ: 03.06.2016
One Little Indian / Rough Trade
Tracklist:
1. You Could Be Better (Intro)
2. Ennio
3. Again No
4. Rainmaking (Interlude)
5. A Is ForApple
6. 100 Cymbals
7. Flowers (Interlude)
8. Lance and Candice
9. Hungry-mouthed Hunting Dogs
10. Temper Gold
11. Open Window (Interlude)
12. Nothing
13. Feathers (pts 1 & 2)