Habanot Nechama – Jüdisches Museum, Berlin (Konzertbericht)

Habanot Nechema

Das Trio HABANOT NECHAMA aus Israel verbindet drei höchst unterschiedliche Künstlerinnen. Zur Eröffnung des diesjährigen Kultursommers konnte man die drei Damen vor einigen Tagen im Jüdischen Museum Berlin erleben.

Auch jenseits ihrer Band sind die drei Damen Karolina Avratz, Yael Deckelbaum und Dana Adini in ihrem Heimatland längst keine unbeschriebenen Blätter mehr. Während Avratz als Israels Soul-Diva gilt, und bereits mit Acts wie ERYKAH BADU, THE BLACK EYED PEAS oder LAURYN HILL zusammenarbeitete, ist Yael Deckelbaum mit ihrer Band YAEL & THE PALM TREES bereits lange Jahre als Folksängerin in Tel Aviv erfolgreich. Dana Adini dagegen erlangte wohl die größte Bekanntheit durch die Rolle der Shemesh Frost in der israelischen TV-Serie „HaShir Shelanu“ („Unser Lied“).

Mit ihrem 2007er Debutalbum erreichten die drei nicht nur in Israel innerhalb von drei Wochen Gold- und wenig später Platinstatus, sondern machten in der Folge auch durch Auftritte auf diversen internationalen Festivals auf sich aufmerksam. Vergangene Woche war das Trio zur Eröffnung des dortigen Kultursommers zu Gast am Jüdischen Museum in Berlin.

Der Name HABANOT NECHAMA lässt sich in etwa mit „Die Trost-Girls“ oder „Die Töchter des Trostes“ übersetzen, und beruht nach eigenen Angaben auf dem Seelenfrieden und Halt, den sie gegenseitig in ihrer gemeinsamen Arbeit finden. Diese Vertrautheit und Verbundenheit war den Künstlerinnen auch von Anfang an anzumerken, als sie, nach einer kurzen Begrüßung durch den stellvertretenden Direktor, das kleine Podium im Glashof des Museumsaltbaus betraten. Allein durch ihre lakonischen Kommentare zum sich in die Länge ziehenden Stimmen der Gitarren hatten sie das Publikum sofort auf ihrer Seite. In dieser heiter-gelösten Atmosphäre ging es den ganzen Abend über weiter. So alberten die drei nicht nur zwischen („Was sagst Du?“ – „Nichts, ich führ Selbstgespräche…“), sondern auch teils während der Songs auf höchst sympathische Weise herum, ohne daß dabei jedoch die Qualität der musikalischen Darbietung in irgendeiner Weise gelitten hätte. Als wirklich gelöst und ausgelassen kann man auch die die Stimmung im Publikum bezeichnen. Ich hatte mir ja diesbezüglich im Vorfeld ein wenig Sorgen gemacht, immerhin hätte der museale Rahmen, zumal in Anwesenheit des israelischen Botschafters, auch für eine sehr steife Atmosphäre sorgen können, aber nada! Ganz im Gegenteil, es wurde munter mitgesungen und mitgeklatscht, und im Laufe der Zeit verließen immer mehr Zuschauer die Sitzreihen um daneben oder dahinter zu tanzen.

Habanot Nechema

Die Musik von HABANOT NECHAMA lebt in der Hauptsache von den Ausnahmestimmen der Protagonistinnen, die bei allen dreien zwar höchst wandelbar sind, sich aber immer in beinahe genialer Weise ergänzen. Besonders deutlich wurde dies nicht zuletzt immer dann, wenn aufgrund des fehlenden gemeinsamen Materials (leider gibt es bislang nach wie vor nur ein gemeinsames Album) auf zahlreiche Songs der jeweiligen Soloprojekte zurückgegriffen wurde. Egal ob Stücke wie „100% Light“, „Neverland“, „Simcha Veetzev“ (Yael Deckelbaum), „No Blame“, „Bring it out“ (Karolina Avratz) oder „Alone“ und „Most of the Time“ (Dana Adini), immer stand zwar die jeweilige Urheberin im Fokus, wurde jedoch durch die anderen beiden hervorragend unterstützt. Geschah dies teilweise auch sehr dezent, verlieh es den Songs im Einzelnen doch immer noch einmal eine besondere Qualität.

Kaum verwunderlich, daß das Publikum von dieser Mischung nicht genug bekommen konnte und die drei am Ende des Konzerts unter tosendem Applaus für zwei Zugaben auf die Bühne zurückkehren mussten. „Ein Ze Meshane“ und der wohl größte Hit der Band „So Far“ setzten schließlich den krönenden Schlusspunkt unter einen wundervollen Abend.

Fazit: Ganz, ganz großes Kino! Wenn man die Chance hat auch nur eine der Damen einmal live zu erleben, so lohnt sich ein Konzertbesuch mit Sicherheit – zu dritt sind sie in jedem Fall unschlagbar!

Setlist:

1. Lovers

2. Hakol‘ keshura

3. Neverland

4. Boei

5. Bring it out

6. I love you

7. Kama kadosh

8. Oh my darling

9. Alone

10. No blame

11. Most of the time

12. Happiness

13. Lies

14. Me’a ahuz or

15. Simcha Veetzev

16. Lover boy

17. 100 % Light

18. Ever

19. Flowers

20. Ein Ze Meshane

21. So Far
(Wegen mangelnder Hebräischkenntnisse Setlist und Schreibweisen ohne Gewähr.)

Florian Hessler

Über Florian Hessler

Archäologe, Historiker und freier Journalist (u.a. Zillo Medieval, Sonic Seducer, Miroque, Metal-District, Piranha) floh.hessler(at)schubladenfrei.de
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