Wer genau jetzt den Begriff „Pagan Folk“ erfunden hat, lassen wir einmal dahingestellt. Dass FAUN definitiv zu den Formationen gehören, die das Ganze in den letzten anderthalb Dekaden als eigenes Genre etabliert haben, steht außer Frage. Vor ein paar Wochen feierte die Band ihr 15jähriges Bestehen mit einer ganz besonderen Best Of – Tour und machte auf dieser auch im geschichtsträchtigen Berliner Admiralspalast halt.
Man kann bei FAUN, ohne jetzt hier die Kommerz-Debatte wiederbeleben zu wollen, doch zwischen zwei Phasen der langen Bandgeschichte unterscheiden, nämlich der Zeit vor „Von den Elben“ und der Zeit danach. Das ließ sich auch bei diesem Konzertbesuch wieder wunderbar am anwesenden Publikum erkennen. Während für die Fans, die die Band durch den Major Deal und die damit verbundene größere Reichweite dazugewonnen hat, eine Location wie der Admiralspalast nicht außergewöhnlich schien, war das edle Ambiente und die höchstens von Akustik-Konzerten der Band bekannte durchgehende Bestuhlung für „alte“ Fans nach wie vor eher ungewohnt. Die ließen es sich jedoch nicht nehmen, auch hier, genau wie auf jedem Markt oder Festival zu den Klängen ihrer Lieblingsband zu tanzen, in diesem Fall nur eben zwischen und neben den Sitzreihen. Die Band ermunterte das Publikum sogar ausdrücklich dazu, denn das Schöne an den FAUNen ist, dass sie sich bei allen Kontroversen um die Studioproduktionen live niemals untreu geworden sind. Und oh Wunder, auch die Saal-Security schritt ob der vollstehenden Gänge an den Seiten nicht ein, obwohl dies feuerpolizeilich sicher höchst unstatthaft gewesen sein dürfte. Zumindest habe ich das in anderen Hallen auch schon ganz anders erlebt. Der Atmosphäre des Konzerts war es natürlich sehr zuträglich, so dass die Stimmung gleich von Beginn bestens war.
Da tat es auch keinen Abbruch, dass sich die Band, wie schon auf der „Eden“-Tour, bei den ersten beiden Stücken hinter einem semitransparenten weißen Vorhang versteckte. Auch zwei der ersten drei Songs stammten von diesem Album. Bei Song Nummer vier huldigten die FAUNe dann einer weit verbreiteten Tradition, nämlich der, sich zum Jubiläum mit Gaststars zu schmücken. Der erste, dem diese Ehre gebührte war Florian Janoske von VERSENGOLD, der der „Walpurgisnacht“ mit seiner Fiddle noch einmal zusätzliche Power verlieh. Natürlich durfte bei dem Song auch der beliebte Sängerwettstreit mit dem Publikum nicht fehlen. Im weiteren Verlauf des ersten Konzertblocks blieb die Band zunächst bei den neueren Stücken, deren visueller Höhepunkt ganz klar „Feuer“ war. Zwar gab es diesmal keine Pyros, dafür eine wundervolle Feuerfächer-Darbietung der bezaubernden Artistin Yulya „Ayuna“ Kholeva. Ein Augenschmaus, in den leider nicht alle Besucher der Tour kamen – die Feuerpolizei im Admiralspalast zeigte sich gottseidank auch hier angenehm entspannt.
Den Schlusspunkt unter Teil eins setzte ein Song, der in vergangenen Zeiten eigentlich oft erst zum wirklichen Konzertende erklungen war. Hier bildete das „Tagelied“ sozusagen ein emotionales Zwischenhighlight.
Es sollten noch viele weitere folgen, wie bereits der Auftakt zur zweiten Hälfte deutlich machte. So kam seit langem wieder einmal die Harfe zum Einsatz und die Kombination von Olis Saiten- und Fionas Flötenspiel in Zusammenwirkung mit einem weiteren Feuertanz von Yulya war wirklich ein Fest für die Sinne. Nach dem betörenden Intro fast logisch, folgte mit „Des Wassermanns Weib“ ein Song aus dem Akustik-Programm. Auch das anschließende „Adam Lay Ybounden“ fügte sich nahtlos in die Stimmung ein, ebenso wie „Loibere Riesen“, für das die Band einen weiteren, und in der Person von Band-Gründungsmitglied Elisabeth Pawelke in diesem Fall ganz besonderen, Gast auf die Bühne bat. Lisa blieb dann gleich noch für einen weiteren Song,bevor die Nostalgie kurz mit „Odin“ unterbrochen wurde. Inzwischen schafft es die Band ganz gut, den Song auch ohne Album-Gast Einar Selvik überzeugend live rüberzubringen, dennoch fehlt er mir da immer noch so ein bisschen. Es folgte das Finale des regulären Sets, bei dem die Band mit den beiden „Eden“-Krachern „Pearl“ und „Iduna“, „Wind und Geige“ sowie dem abschließenden „Rhiannon“ noch einmal alle Register zog, abermals druckvoll unterstützt von VERSENGOLD-Flo an der Geige.
Zugaben? Klar! Und auch die hatten es noch einmal in sich. Na gut, das gilt vielleicht nicht unbedingt für das doch eher flache „Wenn wir uns wiedersehen“, abgesehen von einer erneuten Tanzeinlage von Yulya. Dafür waren das Pawelkesche Original von „Tinta“ und das anschließende „Egil Saga“ noch einmal wirklich großes Kino. Und auch der eher ungewöhnliche Abschluss mit „Das Tor“ vom 2005er Album „Renaissance“, wiederum hinter dem weißen Vorhang und mit einem darauf projizierten Dankes-Video, war ebenso stimmungsvoll wie stimmig. Ein wirklich grandioser Abend also, und auch ein verdammt gut ausgewählter Querschnitt durch die Geschichte der Band. Und trotzdem… nicht nur mir hat an dem Abend noch der ein oder andere Song gefehlt. Aber dass man selbst bei so einer großartigen Setlist immer noch manch persönliches Lieblingsstück vermisst, ist ja eigentlich das größte Kompliment, das man einer Band machen kann.
Setlist:
- Lvpercalia
- Satyros
- Alba
- Walpurgisnacht ^
- Blaue Stunde
- Diese kalte Nacht
- Nacht des Nordens
- Feuer #
- Tagelied
(Pause)
- Intro: Harfe & Flöte #
- Des Wassermanns Weib
- Adam Lay Ybounden
- Loibere Risen *
- Cuncti Simus *
- Odin
- Pearl
- Iduna ^
- Wind und Geige ^
- Rhiannon ^
Zugaben:
- Wenn wir uns wiedersehen *#
- Tinta *
- Egil Saga
- Das Tor
* mit Elisabeth Pawelke
^ mit Florian Janoske
# mit Yulya „Ayuna“ Kholeva