La Brass Banda – Columbiahalle, Berlin (Konzertbericht)

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Dass ich jemals noch in meinem Leben bayrische Blasmusik gut finden würde, hätte mir vor einigen Jahren auch keiner erzählen dürfen. Es ist ja nicht per se so, dass ich etwas gegen Blechinstrumente hätte – im Jazz, in der Reggae-/Ska-Richtung oder auch in der Orchestermusik konnte ich ihnen ja schon immer etwas abgewinnen – aber bei Lederhosenträgern? Dass ich meine Meinung dahingehend geändert habe, ist einzig und allein das Verdienst von LA BRASS BANDA, die mich erstmals 2008 im Vorprogramm von SCHANDMAUL sehr positiv überrascht hatten. Man muss allerdings auch sagen, dass die fünf Jungs aus dem Chiemgau nicht gerade das spielen, was man sonst im Bierzelt oder beim Musikantenstadl zu hören bekommt. Auf ihrer derzeitigen Tour machten die Anarcho-Blechbläser vor kurzem auch Station an der Spree.

Bevor es an diesem Abend in der C-Halle aber hieß „Servus Berlin“, gab es zunächst einen Supportact von der Insel. KILLAMONJAMBO aus Norwich erfreuten das Publikum mit einer Mischung aus Funk, Ska und Reggae und erfüllten dabei ihren Anheizerjob mehr als gut. Die Temperaturen in der Halle stiegen jedenfalls schon zu diesem Zeitpunkt merklich an. Zum Schluss ihres Sets bekamen die Engländer bei einem Song sogar Besuch von LA BRASS BANDA – Fronter Stefan Dettl.

War die Stimmung bei der Vorband schon gut, so explodierte sie im wahrsten Sinne des Wortes als die Hauptakteure des Abends die Bühne betraten und mit „Tecno“ ihr Set eröffneten. Wie schon bei den Ärztivals hatten sich Dettl (Trompete), Manuel Winbeck (Posaune), Andreas Hofmeir (Tuba), Manuel da Coll (Schlagzeug) und Mario Schönhofer, der nach dem kürzlichen Ausstieg von Oliver Wrage nun den Viersaiter bedient, auch für die Tour wieder Verstärkung geholt. Jörg Hartl und Korbi Weber an der Trompete sowie Tobias Weber an den Percussions unterstützten die Band aufs Beste und sorgten für einen entsprechend fetten Sound.

Bereits nach den ersten Liedern hatte sich die ausverkaufte C-Halle in eine veritable Dampfsauna verwandelt, da lief der Schweiß scho n allein beim ruhig dastehen in Strömen. Aber wer wollte oder vielmehr konnte das schon? Die Musik von LA BRASS BANDA bringt auch noch das müdeste Tanzbein wie von selbst zum zucken. Dass die Musiker trotz der wogenden Massen keinerlei Berührungsängste vor ihrem Publikum hatten, bewiesen sie mit einem couragierten Ausflug in die tobende Menge.

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Trotz der anfänglichen Bemerkung, er werde die Ansagen aufgrund der Sprachbarriere an diesem Abend kurz halten („Ihr verstehts mi ja eh ned.“), ließ sich Stefan dann doch nicht abhalten, die ein oder andere spaßige Anekdote zum Besten zu geben oder zum Schluss mit dem Publikum noch eine kleine Choreographie einzuüben („Linkes Bein, rechtes Bein, drehen, drehen, drehen, Arsch nach links, Arsch nach rechts…“), letzteres übrigens in für seine Verhältnisse quasi-hochdeutsch. Rührend war auch seine Sorge vor allem um die Damen im Publikum, wenn der Pogo mal wieder etwas zu wild wurde.

Neben den Spaß- und Sympathiepunkten bestachen LA BRASS BANDA auf diesem Konzert wieder einmal durch eine beinahe unglaubliche musikalische Präzision, auch wenn die Songs noch so schnell gespielt wurden. Um einen selbst Trompete spielenden Bekannten nach dem Konzert zu zitieren: „Ich habe etwa nach der Hälfte beschlossen meinen Neid auszublenden, um nicht frustriert nach Hause zu gehen.“ Das Kompliment für Professionalität und Präzision gebührte an diesem Abend übrigens auch den Ton- und Lichttechnikern: ein glasklarer Sound, bei dem jedes einzelne Instrument gut zu hören war und eine Lightshow, von der sich manch andere Band eine Scheibe abschneiden könnte. Für mich mit Abstand das beste Lichtdesign seit langem!

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Nach insgesamt 27 (!) Songs und mehr als zwei Stunden Blechblaspower gab es in der gesamten Halle wohl kaum mehr eine Klamotte, die nicht klatschnass geschwitzt war, als die Chiemgauer den Abend mit dem langsamen „Doda Hos“ schließlich ausklingen ließen. Da kann man nur sagen: habe die Ehre, was für ein Konzert!

Setlist LA BRASS BANDA:

1.Tecno

2.Z’spat dro

3.Rotes Hosal

4.Zehnerlfuxa

5.Holland

6.Jaqueline

7.VW Jetta

8.Hostasned

9.El Paso

10.Schweden

11.Ofree

12.Inter Mailand

13.Bauer Bauer

14.Bierzelt

15.Sarajevo

16.Nackert

17.Frankreich

18.Außenrieß

19.Vogerl

20.Autobahn

21.Tubissimo

22.Opa

23.Marienkäfer

24.Des konnst glam

25.Ringalbleame

26.Deyda

27.Doda Hos

Florian Hessler

Über Florian Hessler

Archäologe, Historiker und freier Journalist (u.a. Zillo Medieval, Sonic Seducer, Miroque, Metal-District, Piranha) floh.hessler(at)schubladenfrei.de
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