JOSEPH, die drei Schwestern Natalie, Allison und Meegan Closner aus dem US-Bundesstaat Oregon, zählen im Moment zu den absoluten Shooting Stars der amerikanischen Folkszene und haben es sogar schon in die NBC Tonight Show mit Jimmy Fallon geschafft. Hierzulande ist das Familien-Trio jedoch noch so gut wie unbekannt. Um damit zu beginnen, dies zu ändern, kamen die drei stimmgewaltigen Damen im Juli für ein Konzert nach Berlin.
Obwohl sich die Girls auch nach dem kleinen Örtchen Joseph in Oregon benannt haben (neben diesem spielten sowohl der biblische Joseph als auch der Vorname ihres Großvaters dabei eine Rolle), stammen sie nicht von dort, sondern aus den Randbezirken von Portland. Die älteste Schwester Natalie war es, die mit dem Musik machen begann. Nach einigen Jahren als Solokünstlerin entschloß sie sich, ihre beiden jüngeren Schwestern, die zu der Zeit in einem Lebensmittelmarkt beziehungsweise einer Bäckerei arbeiteten, zu fragen, ob sie nicht Lust auf eine gemeinsame Band hätten. Zum Glück sagten die Zwillinge ja, und so zählen die Gesangsharmonien der drei nun zum Bezauberndsten, das der Americana-Folk derzeit zu bieten hat.
Bevor das Publikum in der bereits zu früher Stunde überraschend gut gefüllten Kantine am Berliner In-Club Berghain jedoch in den Genuß dieser Harmonien kam, gab es noch einen Supportact in Gestalt der ebenfalls aus den USA, allerdings aus dem komplett entgegengesetzt gelegenen Bundesstaat Georgia, stammenden Singer-/Songwriterin LIZA ANNE. Ihre großteils sehr melancholischen Lieder schienen durchaus den Nerv der Anwesenden zu treffen, denn sie erntete deutlich mehr als reinen Höflichkeitsapplaus. Besonders erfreut zeigte sich die Künstlerin, so weit weg von Zuhause auf Menschen zu treffen, die ihre Musik bereits kannten und sogar Songwünsche äußerten.
Nach einer kaum vorhandenen Umbaupause – aufgrund von Guitarsharing mussten eigentlich nur zwei Mikros nebst Ständer ergänzt werden – betraten schließlich JOSEPH die Bühne und schafften es schon mit dem ersten Song „Cloudline“ ihren besonderen Zauber auf das Publikum zu wirken. Die Mädels haben alle drei für sich schöne Stimmen, sobald sie aber zusammen singen entsteht etwas Hypnotisches, eine Art sanftes Dynamit, dessen Kraft man sich nur sehr schwer entziehen kann. Da werden bei mir in manchen Momenten Erinnerungen an die INDIGO GIRLS wach. Ihre Texte handeln von der Freiheit, der Natur und auch ganz alltäglichen Dingen, wie etwa der kindlichen Angst, nach dem Einschlafen nicht mehr aufzuwachen („Sweet dreams“). Dass in ihren Songs mithin eine christliche Prägung spürbar ist, verneinen die drei nicht, wehren sich aber dagegen, als „christliche“ oder „religiöse“ Band bezeichnet oder vereinnahmt zu werden. Zu recht, denn dieses Element schwingt wenn, dann überhaupt nur ganz leise im Hintergrund mit und wirkt, so es denn erkennbar ist, weder aufdringlich noch störend. Und bei all dem Hype, der zumindest zuhause nun um sie herrscht, sind die drei erfrischend natürlich und bescheiden geblieben. Das zeigte sich sowohl in ihren zum Teil fast schüchternen Ansagen als auch im Gespräch mit den Fans nach der Show.
Das Ende derselben kam leider viel zu schnell: Gitarristin Natalie war leider gesundheitlich nicht ganz auf dem Damm, und so musste die Band das Set an diesem Abend ein wenig verkürzen. Nach einer guten Dreiviertelstunde stimmten JOSEPH unterstützt von LIZA ANNE bereits den letzten Song „Eyes to sky“ an. Zumindest für eine Zugabe konnte der große Applaus die Ladies dann aber doch noch einmal zurück auf die Bühne holen. Das Coldplay-Cover „Magic“ setzte den Schlußpunkt unter einen wunderschönen, wenn auch ein wenig zu kurzen, Konzertabend.
Setlist JOSEPH:
- Cloudline
- Lifted away
- Tell me there’s a garden
- Planets
- One hundred ways
- Canyon
- White flag
- Sweet dreams
- Honest
- Eyes to sky
- Magic (Zugabe)