Alte „Kult“-Alben neu aufzulegen und/oder im Rahmen einer Tour noch einmal abzufeiern ist ja seit einiger Zeit ziemlich en vogue. Nun also auch GARBAGE. Nach der Veröffentlichung der „V2.0 20 Years Anniversary Edition“ begab sich das Quartett damit folgerichtig auf Konzertreise und machte auf dieser vor einigen Tagen auch im Berliner Huxley’s Station. Mit ihrem letzten Auftritt an gleicher Stelle 2012 hatten sie die Latte extrem hoch gelegt, entsprechend gespannt durfte man sein.
Aber first things first, denn natürlich hatten sich GARBAGE einen Support mitgebracht – und was für einen! Unter den Namen DREAM WIFE mischen drei Kunststudentinnen aus Brighton derzeit die englische Punk- und Indie-Szene auf. Rakel Mjöll, Alice Go und Bella Podpadec spielen bereits seit 2015 zusammen haben jedoch erst im Januar dieses Jahres ihr Debütalbum veröffentlicht. Hört man das selbstbetitelte Werk, bereitet dies jedoch noch in keiner Weise darauf vor, was für einen Alarm die drei Ladies auf der Bühne machen. Vor allem die gebürtige Isländerin Rakel ist auf der Bühne nicht nur ein Wirbelwind, eher schon ein ausgewachsener Wirbelsturm. Frech, laut, wütend, feministisch aber dabei immer mit gehörig Spaß, zogen sie auch das Berliner Publikum sehr schnell auf ihre Seite. Da darf man sich freuen, dass die drei schon im November noch einmal für einige Headliner-Shows nach Deutschland zurückkehren.
So gut DREAM WIFE als Opener waren, natürlich warteten alle in der Halle gespannt auf GARBAGE. Die Tour stand, wie schon erwähnt, unter dem Motto „V2.0 – 20th anniversary“. Wer jetzt aber ein reines Abspielen der Songs in der Reihenfolge des Albums erwartet hatte, wie es etwa HEATHER NOVA im letzten Jahr bei ihrer „Oyster“-Tourgetan hatte, der wurde gleich zu Beginn eines Besseren belehrt. Statt mit dem zu erwartenden „Temptation Waits“ legte die Band mit „Afterglow“ los, gefolgt von „Deadwood“ – beides B-Seiten-Songs der UK-Single-Veröffentlichung von „Paranoid“. Erst dann folgte der eigentliche Album-Opener. Die B-Seiten-Stücke sind ja auch alle Teil der „V2.0“-Jubiläums-Neuauflage und so gab es davon an diesem Abend noch eine Ganze Reihe mehr zu hören. Darunter auch so selten gespielte Stücke wie das BIG STAR – Cover „Thirteen“, das seinerzeit auf der Japan-Edition des Albums als Bonus-Track enthalten war oder der SEEDS-Song „Can’t Seem To Make You Mine“ (B-Side von „When I grow up“). Auch „Get Busy With The Fizzy“, zählt nicht gerade zu den bekanntesten Stücken der Band und ist als Gute-Laune-Partysong, wie Shirley Manson lachend bemerkte, wohl auch einer der band-untypischsten. Entstanden sei er, so Shirley weiter, als man nach Ende der Aufnahmen eigentlich schon feiernd im Stamm-Pub saß, und plötzlich einen Anruf der Plattenfirma erhielt, es würde noch eine B-Side für „You Look So Fine“ gebraucht. Also eilte man seinerzeit flugs zurück ins Studio
So schön es war, auch einmal solche, eher selten live zu erlebende Stücke zu hören, es waren dann natürlich doch die „Hits“ die am meisten Stimmung machten. „Push It“, „When I Grow Up“ und „Paranoid“ ließen entsprechend gehörig die Wände wackeln. Nach dem letzten Stück des regulären Sets „You Look So Fine“ und der ersten Zugabe „The Trick Is To Keep Breathing“ gab es zum Schluss dann tatsächlich noch zwei Songs, die wirklich gar nichts mit „V2.0“ zu tun hatten: die 2017er Single „No Horses“ und schließlich zu guter Letzt „Cherry Lips“.
Fazit: Mit dem eingangs angesprochenen Dernièren-Feuerwerk von 2012 konnte man dieses Konzert schon allein wegen der Beschränkung auf nur eine Schaffensperiode der Band natürlich nicht wirklich vergleichen. Dennoch bewiesen Shirley, Duke, Steve und Butch, dass das Album auch heute noch funktioniert und vor allem, dass sie auch heute, 25 Jahre nach Bandgründung beziehungsweise 20 Jahre nach „V2.0“, live noch gehörig rocken. Einziges Manko des eigentlich großartigen Konzerts: der schlecht abgemischte und zum Teil doch arg „breiige“ Sound. Dit war vor sechs Jahren besser…