Shantel & Bucovina Club Orkestar – Astra, Berlin (Konzertbericht)

Shantel

Während am vergangenen Donnerstag PLACEBO die Massen in der Berliner O2-World begeisterten, pilgerten wir lieber ins gleich um die Ecke gelegene Astra Kulturhaus, um mit SHANTEL und seinem BUCOVINA CLUB ORKESTAR deren neues Album „Anarchy & Romance“ zu feiern.

Natürlich ist das Astra um einiges kleiner als Berlins größte Indoor-Konzertlocation, gut gefüllt war die Halle aber in jedem Falle auch, und so lange wie SHANTEL sein Publikum an diesem Abend warten ließ, muss er sich auch hinter Weltstars nicht verstecken. Mit beinahe einer dreiviertel Stunde Verspätung wurde es dann endlich dunkel im Saal – und das blieb es zunächst auch auf der Bühne. Während man schemenhaft erkennen konnte, dass die anderen Musiker ihre Plätze einnahmen, kam Schlagzeuger Marcus Darius Ghoreischian zunächst nach vorne an den Bühnenrand, leuchtete die ersten Reihen mit einer Taschenlampe ab und animierte das Publikum zum klatschen. Der Herr entpuppte sich auch im weiteren Verlauf des Konzerts als wahre Stimmungskanone und lieferte neben dem präzisen Groove auch eine gute Show hinter seiner Schießbude, egal ob er nun artistisch mit den Drumsticks wirbelte oder sich gegen Ende lasziv bis aufs Unterhemd entkleidete.

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Nach dem Intro im Dunklen begann die Show dann gleich mit einem alten Kracher: „Mahalageasca“, zu finden auf dem 2005 erschienenen, zweiten „Bucovina Club“ – Sampler. Auch in der Folge bekam man zunächst wieder erwarten nichts von der aktuellen Scheibe zu hören, erst nach der Hälfte des Konzerts gab es das erste neue Stück. Dies mochte zum einen daran liegen, dass die Songs auf „Anarchy & Romance“ zum Teil wesentlich ruhiger und damit weniger partytauglich sind als auf den Vorgängeralben. Zum anderen sind auf der neuen CD sehr viele Gastmusiker zu hören, so zum Beispiel zwei Gastsängerinnen und ein Streicherensemble, und manche Stücke waren allein deshalb wohl live nicht gut umsetzbar. Die Fans konnten sich dadurch über viel altes Material freuen und mussten auch nicht bis zu den Zugaben auf die großen Hits warten. Bereits zum Ende des ersten Drittels gab es einen ersten Höhepunkt mit den beiden direkt aufeinanderfolgenden Balkan-Dancefloor-Knallern „Disco Partizani“ und „Disco Boy“.

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Doch nicht alles war Balkan an diesem Abend. SHANTEL ist da musikalisch definitiv vielseitiger und will sich, wie er sagt, auch keinesfalls nur wiederholen oder auf einen bestimmten Stil festlegen lassen. (Siehe dazu unser Interview mit dem Künstler.) Mit „Süper Bad Day“ startete in der Mitte des Konzerts ein Block von Songs, bei denen purer Rock ’n‘ Roll angesagt war. Doch auch dieser lebte von Wechseln. So kam Drummer Marcus Darius am Anfang von „Slow down“ nach vorne und bedeutete dem Publikum, es möge es doch bitte den Musikern gleichtun und in die Hocke gehen. Eine Aufforderung, der tatsächlich fast die gesamte Halle nachkam, allerdings nur, um dann zum Refrain explosionsartig aufzuspringen und wieder in ausgelassene Tanzbewegungen zu verfallen. Mit „The Kiez is alright“ folgte dann der Motto-Song der derzeitigen Tour, an dessen Ende die Musiker wiederum in eine fast anderthalb Minuten währende Starre verfielen. Beim anschließenden „Nova Sola“, einem Oldie vom 1995er Album „Club Guerilla“ verließ Stefan Hantel dann die Bühne um zunächst im Bühnengraben den direkten Kontakt zu seinen Fans zu suchen. Schließlich kletterte er sogar samt Gitarre über die Absperrung und rockte ein paar Takte mitten im Publikum.

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Nach dem Mitgröhl-Partisanen-Schlager „Bella Ciao“ und „Opa Cupa“ war dann zunächst Schluss, aber natürlich gab sich das feierwütige Publikum im Astra damit noch nicht zufrieden. Als erste Zugabe gab es zunächst ein weiteres Stück vom neuen Album, bevor die Band mit einem Medley aus „Bucovina“ und „Planet Paprika“ die Hütte noch einmal so richtig zum wackeln brachte. Nachdem SHANTEL bereits während des Konzerts einzelne Musiker vorgestellt hatte, war es nun an der Zeit das gesamte „ORKESTAR“ zu würdigen. Neben dem bereits eingangs erwähnten Marcus Darius am Schlagzeug, Christoph Michalsky am Bass und der bezaubernden Tea Mikic an E-Piano und Gesang, wurde vor allem das das grandiose Bläserensemble, bestehend aus Alon Peylet an der Posaune sowie Elvis Antic und Novica Ristic an den Trompeten, mit reichlich Applaus bedacht. Anschließend holte die Band wie üblich noch einige weibliche Fans aus den ersten Reihen zum Tanzen auf die Bühne. „Gadjo Dilo“ und „Andante Levante“ setzten schließlich den endgültigen Schlusspunkt unter einen gelungenen und schweißtreibenden Abend.

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Vor dem Konzert konnten wir SHANTEL zu einem Interview treffen – nachzulesen hier.

Setlist:

1. INTRO

2. MAHALAGEASCA

3. AUTHENTIC

4. MATIA MOU

5. DAZNAZORA

6. GARA, GARA, GARA…

7. DISKO PARTIZANI

8. DISKO BOY

9. FIGE KI ASE

10. CIGANKA

11. SÜPER BAD DAY

12. SLOW DOWN

13. THE KIEZ IS ALRIGHT

14. NOVA SOLA

15. BELLA CIAO

16. OPA CUPA

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17. LETKIS

18. BUCOVINA / PLANET PAPRIKA MEDLEY

19. GADJO DILO

20. ANDANTE LEVANTE

Florian Hessler

Über Florian Hessler

Archäologe, Historiker und freier Journalist (u.a. Zillo Medieval, Sonic Seducer, Miroque, Metal-District, Piranha) floh.hessler(at)schubladenfrei.de
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