Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts fegte eine neue Band wie frischer Wind durch die deutsche Independent-Szene. MILA MAR waren anders als alles, was man bislang hierzulande gehört hatte. Die Kombination von Weltmusikelementen mit Elektronik und den mit einer absoluten Ausnahmestimme vorgetragenen Texten in Phantasiesprache zog Anhänger ganz verschiedener musikalischer Lager in ihren Bann. 2002 verließen zwei der Gründungsmitglieder die Band. Nach einer letzten Tour mit Gastmusikern 2004 galt die Band als tot, obwohl sie sich offiziell nie aufgelöst hatte. Im letzten Jahr gab es dann plötzlich wieder erste Lebenszeichen, zunächst im Internet und schließlich meldeten sich MILA MAR mit einem grandiosen Reunion-Konzert in Leipzig auch live zurück. Die Differenzen der Vergangenheit scheinen – sehr zur Freude der nach wie vor zahlreichen Fans – beigelegt. Auch in unserem Interview sprechen MILA MAR wieder mit einer Stimme und verraten einiges zur Gegenwart und Zukunft der Band.
Was hat euch nach so langer Zeit bewogen, wieder gemeinsam Musik zu machen?
Wir hatten alle Sehnsucht nach unserem Klang. Zusammen erzeugen wir eine besondere Energie. Wir teilen viele Stunden Musik, Freude, Streit, Schmerz und Versöhnung – eben Leben. Diese gemeinsamen Stunden sind hörbar in unserer Musik. Unser Klang ist auch gelebte Zeit.
Was unterscheidet MILA MAR 2015 von MILA MAR 2002?
Das oben Genannte ist uns heute sehr viel bewusster. Außerdem sind wir heute unabhängiger. Wir möchten experimentieren, dem Entrückten unserer Musik mehr Raum geben – eine Tür Richtung Kunst öffnen. Wir schöpfen aus unserer Vergangenheit und erfinden neue Lieder, sind gegenwärtig und überraschen uns mit Neuem. Wir sind nicht die, die wir mal waren, trotzdem sind wir zusammen MILA MAR.
Für Euer Reunion-Konzert im vergangenen Jahr hattet Ihr das WGT in Leipzig gewählt. Warum gerade dieses Festival? Im klassischen Sinne „gothic“ war Eure Musik ja nie.
Wir hatten einfach Lust auf „großes Kino“. Wir waren schon immer bunt, gothic, hippie, welt und MILA MAR.
Wir sind nur kein Jazz irgendwie, aber russisch, skandinavisch, orientalisch und wir sind Punk, unbedingt, auch wenn die das nicht so sehen.
Wie habt Ihr dieses erste Konzert nach der Pause erlebt? Wie waren Eure Gefühle auf der Bühne und wart Ihr mit den Reaktionen des Publikums zufrieden?
Wir waren mächtig gespannt… nach 11 Jahren Pause gemeinsam auf der Bühne, ohne Rückversicherung, mit neuen Songs und einigen technischen Novitäten…
5 Minuten vor dem Konzert lagen die Nerven in Bündeln zerstreut und es war sehr still in unseren Köpfen. Dank des Publikums (unser Publikum ist das Beste von uns) und unserer Musik war das WGT-Konzert 2015 dann allerdings ein sehr energetisches Erlebnis, mit großartigen Rückmeldungen. Wenn sich Energie entläd auf der Bühne und „Alles jetzt ist“, dann ist „Alles richtig“.
Seit dem Auftritt in Leipzig habt Ihr noch ein paar weitere ausgewählte Konzerte gegeben, auf denen Ihr auch neue Songs gespielt habt. Dürfen wir 2016 mit einem neuen Album rechnen?
Vielleicht werden wir neue Songs aufnehmen und veröffentlichen, vielleicht auch gemeinsam durch die Welt reisen (da könnten wir natürlich nebenbei auch Songs aufnehmen). Im Moment erscheint Vieles möglich. Ein Album im klassischen Sinne ist für uns allerdings zur Zeit nicht denkbar. Wir sind unabhängig, arbeiten mit keinem Label oder Vertrieb zusammen. Wenn Veröffentlichung, dann denken wir da mehr in Richtung EP mit
Glanz und Gloria, Tropfsteinhöhlen, Bergen und mit all unseren Fans…herrlich und das alles mitten auf Weltreise.
Bei einem der Konzerte (in Hannover) wurde auch ein Video aufgenommen. Könnt Ihr für alle, die nicht dabei waren, mehr dazu erzählen? Wann wird es das Video zu sehen geben?
Wir haben das Live-Video zu unserem neuen Song HAIME mit den Filmemachern Tokio und Kristian Petersen im Theater Eisfabrik in Hannover aufgenommen. Eine Besonderheit des Videos ist die Anwesenheit unseres Publikums auf der Bühne. Wir lösen die Grenze zwischen Bühne und Publikum auf und sind gemeinsam. Dadurch entsteht eine besondere Energie, die wir gerade im Video-und Audioschnitt einfangen. Wir werden unser Video HAIME voraussichtlich noch im Februar im Internet veröffentlichen.
Habt Ihr neben MILA MAR momentan noch andere Projekte? Wird es MiLù weiterhin geben? Es gab ja unseres Wissens nach zumindest noch ein MiLù- Konzert nach der Mila Mar Reunion, im Oktober letzten Jahres.
Ja, wir haben alle auch andere Projekte, Bands, Kinder, Theater, Performance und werden diese neben MILA MAR auch weiter verfolgen und entwickeln. MiLù war im Oktober 2015 im Theater zu sehen mit ihrer Gesangs-Performance „Leben gegen die Nacht ohne Wunder“, ein stimmliches Experiment mit Vocal-Looper und Gedichten… mehr dazu im Lauf des Jahres.
Vielen Dank für die guten Fragen und ein Hoch auf das Leben
MILA MAR