Festival Mediaval 2016…

fm-ix-bericht-titel….und (hoffentlich) kein Ende. Kaum sind die magischen Tage auf dem Goldberg vergangen, wirft bereits das nächste Jahr seine Schatten voraus. Schon jetzt steht das beeindruckende Line-Up für das Jubiläumsfestival im nächsten Spätsommer, das zehnte, fest. Aber von Anfang an: Auch nach der neunten Ausgabe lässt sich konstatieren: das Festival Mediaval ist das Festival Mediaval ist das Festival Mediaval! Zumindest in Deutschland ist es mit seiner sensiblen Auswahl an musikalischen Leckerbissen, die zuweilen echte Überraschungen bereithalten, einzigartig.

Beatrice

Gerade diese besondere Kombination hält das Stammpublikum bei der Stange. Und sie schafft es zudem, jene, die des ewigen flachen Gedudels auf den viel zu häufig gewordenen Mittelaltermärkten müde geworden sind, zurück an die Front zu holen. Und zwar mit viel Aufatmen und Begeisterung. Hat es doch alles, was das „Mittelalter“-musikbegeisterte Herz höher schlagen lässt. Neben dem zeitlich und inhaltlich gut austarierten Musikprogramm auf den drei Hauptbühnen (Burg-, Schloss- und Theaterbühne), kann sich der geneigte Besucher auf dem weitläufigen Gelände des Goldbergs zwischen zahlreichen interessanten Workshops (wie etwa Balkan-Style-Tanz, Bodhrán- und Didgeridoo-Kurse), Lesungen und hochklassigen, teilweise wandelnden Kleinkunst-Acts entscheiden. Darunter die

Goldbergbucht

wunderbare BEATRICE, die mit ihrem anmutigen Spiel mit den Glaskugeln ein ums andere Mal bezaubert oder das Gauklertrio BASSELTAN, das auch den Mediaval-Nachwuchs- Award witzig und fesselnd zu moderieren vermag. Oder man frönt schlicht dem Konsum bei einem Marktangebot, dass dem solventen Marktgänger das Wasser in die Augen treibt. Natürlich gibt es auch für Lagerleben, Kinderprogramm, Wettkämpfe und – erstmalig – ein Ritterturnier genügend Raum. In der Goldbergbucht, einem Eintritt-freien und historisch sowie inhaltlich (Piraten, Falknerei, Wikinger) bunt gemischten und damit äußerst familientauglichen Areal ist sowieso immer etwas geboten.

besucherambiente-30Alles ist auffallend liebevoll und mit ordentlich Schalk im Nacken gestaltet. Muss man zwischendurch seiner Blase Platz für neues Schwarzbier und dergleichen verschaffen, spielt die Latrinenband dazu lieblich mit Tin Whistle und Ukulele „Scheyßmusik“ bei Kerzenschein. Ein Holzschild, angebracht am nahe gelegenen Lager-Zelt verspricht „Brustvergrößerung durch Handauflegen“ für einen Thaler pro Stück (!) – ein Schnäppchen heutzutage und komplett schmerzfrei.

Bodhranworkshop

Wenngleich das für dieses Jahr als Motto ausgegebene „Balkan-Special“ etwas dünn ausfiel – zumindest, wenn man pingelig sein möchte und die bulgarische Band IRFAN und die Rumänen ROMENGO als die einzig echten dem Balkan zuordenbaren Gruppen benennen mag – so gab es doch gewohntermaßen am Angebot klanglicher Genüsse nichts zu meckern. Von partytauglichem bis zu klanglich feinst ausgearbeitetem und arrangierten Folk verschiedenster Couleur über elektronische wie metallisch harte Klänge bis zu aufwendig zelebrierten Bühnenjubiläen mit jeder Menge Special Guests – jeder kam irgendwie auf seine Kosten. Die spezielle Atmosphäre des Festivals überträgt sich auch immer wieder auf die Künstler, die sich auch diesmal auf den Bühnen ausnahmslos als Spiegel reinster Spielfreude präsentierten. Kaum ein Musiker, dem nicht die „good vibes“, die das Festival mit all seiner Professionalität und seinem Charme versprüht, aus dem Gesicht lächelten.

Almara

Wie schon im letzten Jahr begann das neunte Festival Mediaval bereits am Donnerstagabend mit einem wunderbar auf alte Zeiten einstimmenden Akustik-Konzert von ALMARA in den sakralen Räumen der Selber Christuskirche. Der Freitag wartete dann neben alten Hasen wie ESTAMPIE gleich mit zwei Überraschungen auf. Die erste war das hochklassige Eröffnungskonzert der Niederländer L.E.A.F., die sich erstmals in neuer Besetzung und mit dem Programm ihres aktuellen Albums „Lys“ auf einer deutschen Bühne präsentierten. Die zweite Überraschung lieferten OÚBERET, ein bestgelauntes Quintett aus dem Westen Frankreichs, das die Stimmung vor der Burgbühne mit ihrer Mischung aus traditionell

Oúberet

bretonischem Folk und Rock mächtig anheizte. Klarer Höhepunkt des Abends waren allerdings die VIOLONS BARBARES, mit Pferdekopfgeige, Obertongesang, 14-saitiger Gadulka und schier unfassbarer Perkussionsakrobatik. Das Trio brachte nicht nur das Publikum zu später Stunde vor der Schlossbühne mächtig in Wallung, auch manch gestandenem Musiker im Backstage klappte ob der Virtuosität der drei die Kinnlade nach unten.

Violons Barbares

Violons Barbares

Heimataerde

Am Samstagmorgen dann, die Nachtwunden der ersten großen Begrüßungsfreude leckend, konnte man mit SKALUNA die Gewinner des letztjährigen Mediaval-Awards bei ihrem ersten großen Auftritt auf der Burgbühne feiern. Die dort im Anschluss spielenden, aus den spanischen Pyrenäen stammenden, MALVA DE RUNA wären mit ihren filigran ausgearbeiteten Klängen allerdings besser auf einer Clubbühne platziert gewesen. (Auf einer solchen schauen wir uns das auch bei Gelegenheit noch einmal an.) Die Tempelritter von HEIMATAERDE lieferten dann das düstere, leicht Rammstein-inspirierte, Kontrastprogramm. „Alles nur Show“, beruhigte Frontman Ashlar von Megalon einen verängstigten Jungen in der ersten Reihe. Eine solche mit nicht weniger Dezibel lieferten auch GRAI mit ostrussischem Folkmetal, viel slawischem Charme und eingebautem Sprachkurs. Wir haben gelernt: „pojechali!“ heißt so viel wie „weiter geht’s“! Cпаси́бо!

Faey

Derweil schlugen FAEY deutlich sanftere, wenn auch nicht minder druckvolle Töne an. Zwischen fröhlichem Folk-Rock und Melancholie brillierten die sechs Bamberger mit eingängigen Melodien, ausgefeilten Arrangements und einem Instrumentenrepertoire von Gitarre über Geige und Drehleier bis zur Nyckelharpa. Immer wieder ein Leckerbissen sind DIKANDA, auf die viele an diesem Tag voller Vorfreude gewartet hatten. Sie – und auch der Rest – wurden auch diesmal

Qntal

wieder nicht enttäuscht von dem mitreißenden Charme und der leidenschaftlichen Spielfreude der Polen, die ihresgleichen sucht. Der Rest des Tages gehörte dann vor allem den beiden Jubiläen: OMNIAs 20-jähriges und QNTALs 25-jähriges Bestehen wurden auf der Schlossbühne mit gehörigem Pomp und viel Feuer gefeiert. So muss ein Samstagabend auf dem Festival-Mediaval! Und der ist natürlich traditionell auch nach dem Headliner noch nicht zuende. Auf der Burgbühne unterhielt die LARP-Allstar-Formation CAPELLA BARDICA, zu der sich ganz spontan auch noch einige Mitglieder von FAEY gesellten, noch bis in die frühen Morgenstunden mit folkigen Lagerfeuer-Klassikern.

Omnia

Eine weitere Neuentdeckung am Sonntag waren die Neapolitaner EMIAN, deren Paganfolk eine ganz besondere Mystik innewohnt und deren Emotionalität nur noch durch höchst tanzbare Rhythmen übertroffen wird. Diese Band sollte man weiter im Auge behalten! IRFAN spielten ein umjubeltes Mittagskonzert auf der Burgbühne mit sehr

Irfan

hippiesk anmutendem Publikum. Die Band war am selben Tag dann gleich noch einmal zu erleben. Das insgeheime Sonntagshighlight, ein Balkan-Special zusammen mit OMNIA, fiel als solches leider etwas dünn aus. Die Gewichtung lag doch sehr auf unseren holländischen Freunden, was ja grundsätzlich prima ist. Dennoch hatte man sich ein nicht näher definiertes, aber doch irgendwie anderes Doppelkonzert erhofft.

Waldkauz

An beiden Tagen wurden abends auf der Schlossbühne die Nachwuchs-Award-Gewinner der Rubriken „Spielmann“ und „Rock“ gekürt. Von Publikum und vierköpfiger Jury gewählt ging ersterer an WALDKAUZ, während den Rockaward FUCHSTEUFELSWILD einheimsten. Beide Bands dürfen nun nicht nur den goldenen nicht ganz jugendfreien Zwerg ihr eigen nennen, sondern auch im nächsten Jahr eine der beiden großen Festivalbühnen bespielen – große Freude bei den Gewinnern!

BerlinskiBeat

Viel zu schnell ging die neunte Ausgabe des Festivals vorbei, jedoch nicht ohne dem Publikum mit der spaßigen Hauptstadtkapelle BERLINSKIBEAT (die manchmal auch CORVUS CORAX sind) sowie zuguterletzt den Speed-Folk-Party-Profis FIDDLER’S GREEN noch einmal nach allen Regeln der Kunst einzuheizen. Wer wäre auch besser geeignet, den letzten Tropfen Schweiß aus dem Festivalpublikum zu pressen?

Fiddler's Green

Der Geist, den Festival-Gründer „Bläcky“ Schwarz mit seinem Team ins Leben gerufen hat, lebt fort. Er war 2016 nicht weniger spürbar als in den vergangenen Jahren. So bleiben nun jede Menge schöner Erinnerungen und zwölf Monate voller Vorfreude auf das 10jährige Jubiläum vom 7. -10. September 2017. Das Motto dafür lautet „back to the roots“: Abgesehen vom Headliner IN EXTREMO, die erstmals auf dem Goldberg zu Gast sein werden, und MASK, der Band des Festival-Mitbegründers „Rudl“, werden 2017 ausschließlich Bands auftreten, die in den ersten beiden Jahren auf dem Goldberg dabei waren. Übrigens dann gleich vier Tage lang, denn bereits ab dem frühen Donnerstagabend wird der Goldberg seine Pforten öffnen. Dazu kommt noch das Akustikkonzert in der Kirche, das im kommenden Jahr bereits am Mittwoch stattfindet. Die volle Geburtstagspackung also!

Anja Schmidt / Florian Hessler

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Florian Hessler

Über Florian Hessler

Archäologe, Historiker und freier Journalist (u.a. Zillo Medieval, Sonic Seducer, Miroque, Metal-District, Piranha) floh.hessler(at)schubladenfrei.de
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