25. Tanz- und Folkfest Rudolstadt – (02.-05.07.2015) – Teil II (Sa/So)

Samstag

Der Samstag ist traditionell der längste Tag des Festivals. Mehr als 13 Stunden Musik – von den ersten Tanzaufführungen um 11 Uhr mittags bis zum Ende des letzten Konzerts um 02:30 nachts, das schlaucht, zumal bei den vorherrschenden Witterungsbedingungen. So entschlossen wir uns dazu, uns an diesem Tag auf das Programm in der Innenstadt und im Park zu konzentrieren.

Auf dem Theaterplatz verbreitete die Chemnitzer Band GRUPPA KARL-MARX-STADT schon zu früher Stunde gute Laune und machte damit ihrem Debütalbum „Wir werden Spaß haben“ alle Ehre. Seit gerade einmal zwei Jahren verbinden die vier jungen Musiker Balkanklänge und Russendisko zu einer launigen Mischung. Fröhlich wurde vor der Bühne herumgehüpft, gelegentlich sorgte Wasser aus Sprühflaschen für willkommene Abkühlung. Später trat das Quartett noch einmal in den Bauernhäusern auf und versammelte dort so viele feierfreudige Leute um sich, dass es schwierig wurde, überhaupt noch einen Platz im Innenhof der Häuser zu finden.

HiNana

Während im Tanzzelt und im Stadthaus Mitmachtänze auf dem Programm standen durften auf der großen Bühne am Markt die Profis ran. Nach dem aus der Nachbarschaft stammenden TANZTHEATER ERFURT zeigten die Norweger von NORSKE DANSERE verschiedene traditionelle Tänze mit einigen beeindruckenden akrobatischen Einlagen. Ihnen folgte mit HĪ NANA eine Maori-Gruppe auf die Bühne. Prä-europäische Musik und Tänze wurden beim Kapa Haka mit moderneren Elementen, wie zum Beispiel der Gitarrenbegleitung, verbunden. Elegantes Poi-Schwingen und der ausdrucksstarke Haka-Tanz entführten die Zuschauer für eine Stunde ans andere Ende der Welt – in der ersten Reihe schwenkte sogar ein Begeisterter die passende Fahne.

KarolinaCicha

Acht Sprachen werden in Podlachien, der östlichsten Provinz Polens, gesprochen. Kein Wunder, dass auch der Erfinder der Kunstsprache Esperanto aus dieser Region stammt. Ebenfalls von dort kommt die Schauspielerin und Musikerin KAROLINA CICHA und entsprechend bunt war der Musikmix, mit dem sie und ihre Band am Samstagnachmittag im Park die multiethnischen und multireligiösen Traditionen ihrer Heimat vorstellte. Dabei kamen sowohl alte Instrumente wie die slawische Gadulka als auch elektronische Loops zum Einsatz. In einigen Momenten fühlte man sich sogar an die leider aufgelösten skandinavischen Folktroniker von VALRAVN erinnert – nur eben mit osteuropäischem Einschlag. Die mit viel Charme präsentierte osteuropäische Multikulti-Trance-Mischung kam beim Publikum vor der Konzertbühne merkbar gut an und auch für uns zählt KAROLINA CICHA definitiv zu den positiven Neuentdeckungen beim diesjährigen TFF.

Die nächste Gruppe auf der großen Parkbühne war dann ganz klar am falschen Ort zur falschen Zeit. Für die VALKYRIEN ALLSTARS aus Norwegen, die im Rahmen des diesjährigen Länderschwerpunkts auftraten, waren die Backofentemperaturen ein klares Handicap. Sängerin und Geigerin Tuva Syvertsen, die krebsrot und nur mit BH bekleidet versuchte, der Sonneneinstrahlung zu trotzen, beklagte sich denn auch mehrfach in ihren Ansagen. Den widrigen Bedingungen zum Trotz zog die Band ihren Auftritt tapfer durch. Allerdings versetzte sie das Publikum mit ihren modern interpretierten norwegischen Folkstücken nicht wirklich in Begeisterung, dazu fehlte dem Ganzen einfach irgendwie der „Schmiss“ – vielleicht war der aber auch einfach in der Sonne weggeschmolzen?

Wie das mit dem Schmiss geht, zeigte dann das Quartett ORATNITZA aus Bulgarien auf der Konzertbühne. Auch von ihnen wurden die heimatlichen Musiktraditionen neu interpretiert, so fanden unter anderem das australische Didgeridoo und (auf akustischen Instrumenten gespielte!) Drum ’n‘ Bass – Elemente Eingang in die Performance. Hier jedoch animierte die Musik das Publikum wesentlich mehr als bei den Norwegern vorher auf der anderen Seite des Parks und so wuchs die tanzende Menge vor der Bühne trotz der Temperaturen von Song zu Song immer mehr an. Ein Auftritt, der wirklich Laune machte!

Der Energie von ORATNITZA standen KALÀSCIMA in nichts nach. Die sechs Italiener brachten mit ihrem powergeladenen Auftritt zur selben Zeit die große Bühne am Markt zum Beben. Die explosive Mischung aus modernisierter italienischer Folkmusik und Balkanbeats bezeichnen sie selbst als „Psychedelic Trance Tarantella“. Mit viel Elan boten sie ihre Musik, stets tanzbar bis zum Äußersten, dar und versetzten mit Leichtigkeit das Publikum zwischen den Stuhlreihen in Bewegung. Nicht ganz an die Stimmung des vorangegangenen Auftritts anknüpfen konnte das Geigenensemble SMÅVILTLAGET, das Paartänze aus Mittelnorwegen mit nach Thüringen gebracht hatte.

Kalascima

Ruhiger ging es derweil auf dem Neumarkt zu. Nacheinander standen dort zwei norwegische Bands auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Drei starke Frauenstimmen prägen das A-capella-Projekt EPLEMØYA SONGLAG. Die Folk-Sängerin Liv Ulvik und die beiden Jazz-Vokalistinnen Wenche Losnegård und Anja Eline Skybakmoen erzählten in ihrem Programm von Mädchen und Mythen. Mit schönen Harmonien und feinem Humor zauberten den Zuhörern ein ums andere Mal ein Lächeln ins Gesicht. Ihnen folgte das GJERMUND LARSEN TRIO mit einem entgegengesetzten Konzept: Auf Gesang verzichteten sie ganz und ließen die Instrumente für sich sprechen. Mit Geige, Harmonium und Kontrabass ließen sie Geschichten und Bilder vor dem geistigen Auge entstehen und luden zum Träumen ein. Die klassische Ausbildung, die GJERMUND LARSEN an der renommierten Ole Bull Akademiet erhalten hat, blitzte immer wieder durch und verliehen den angejazzten Folkstücken eine zusätzliche interessante Note.

Auf dem Markt führte die musikalische Reise in die Neue Welt. Mit ihrer Band PEROTÁ CHINGÓ präsentierten Dolores Aguirre und Julia Ortiz lateinamerikanische Musik frei von jeglichen Klischees, dafür mit umso mehr Esprit. Nur sanft durch Percussion und Gitarre unterstützt lag der Fokus dabei klar auf dem Gesang der beiden charismatischen Argentinierinnen. Auch im Heinepark wussten Südamerikaner an diesem Nachmittag zu begeistern. Dort stand zurück an der großen Bühne brasilianische Musik „mal ganz anders“ auf dem Programm: METÁ METÁ brachten nicht klassischen Samba, sondern eine wilde Mischung aus selbigem, Jazz, Funk, Afrobeat, Punk und Ambient zu Gehör. Klingt komisch? Funktioniert aber! Das Publikum geriet jedenfalls merklich in Bewegung und das lag nicht nur daran, dass die Verhältnisse dank des tieferen Sonnenstands nicht mehr ganz so extrem waren wie noch drei Stunden zuvor.

MetaMeta

Waren die Brasilianer der Anschubser, so schafften es SORCERESS im Anschluss auf der Konzertbühne, die beinahe schon sprichwörtliche Rudolstädter Tanzbegeisterung vollends wiederzubeleben. Sucht man die Band im Internet, bekommt man momentan noch wenige Ergebnisse, was allerdings schlicht einem Namenswechsel zu verdanken ist. Bekannt wurde die Gruppe unter dem Namen FUNKOMMUNITY und erfreute sich schon seit mehreren Jahren großer Beliebtheit, nicht nur in ihrer Heimat Neuseeland. Warum auch immer man den Namen geändert hat, verlernt hatten die Kiwis jedenfalls nichts. Die Mischung aus Electronic Soul, Dance- und Afrobeat, Rhythm’n’Blues Acid-Jazz und TripHop groovte derart, dass kaum jemand ruhig stehen bleiben mochte.

Sorceress

Einen Groove der ganz anderen Art, jedoch kaum weniger mitreißend, bot danach der CELTIC SOCIAL CLUB aus Frankreich. Die Musiker der Band haben fast alle einen Rock-Hintergrund und so verwunderte es nicht, dass die keltischen Melodien, die unter anderen auf Uillean Pipes, Fiddle und Mandoline gespielt wurden, mit einem satten Backing aus Stromgitarren und Schlagzeug versehen waren. Dazu noch ein Schuss Reggae und HipHop, und schon hatte man eine extrem tanzbare Mischung. Die Stimmung vor der großen Bühne war dann auch dementsprechend ausgelassen. Ein besonderes Schmankerl war am Ende der Gastauftritt der 82jährigen Gwerz-Legende Louise Ebrel, obwohl der traditionelle bretonische Klagegesang für manchen auch anstrengend klang.

Noch weitaus ungewohnter für hiesige Ohren war sicherlich der Auftritt des norwegischen Joik-Sängers Torgeir VASSVIK. Den gutturalen Gesang der Sámi begleite er nicht nur mit der traditionellen Rahmentrommel, sondern kombinierte ihn auch mit Gitarren und Streichersounds und kreierte so sphärisch-magische Klanglandschaften, die hervorragend zu dem schon seit einiger Zeit über der Stadt flackernden Wetterleuchten passten.

Vassvik

Da zu den zuckenden Blitzen nun auch noch Regen kam, und man eine nahende Gewitterfront befürchten musste, zogen wir es vor, dem letzten Konzert des Abends nur noch aus der Sicherheit des Zelts vom Campingplatz aus zu lauschen. Laut genug dafür waren NOMADIC MASSIVE in jedem Fall, und mit ihrem druckvollen HipHop schaften sie es wohl auch, wie man hörte, das verbliebene Publikum im Heinepark noch einmal so richtig aus der Reserve zu locken.

Sonntag

Der letzte Tag des Festivals glänzte noch einmal mit einigen besonderen Perlen. Vor allem Freunde der keltischen Musik kamen so richtig auf ihre Kosten.

Für uns begann der Sonntag aber zunächst einmal geruhsam nach einem Gang durch die kleine aber feine Waldzitherausstellung in der KulTourDiele im Garten des Schillerhauses. Bis zum Konzertbeginn von MELANIE DEKKER um 11.30 konnte man sich dort das Frühstücksbuffet schmecken lassen. Bänken waren im Schatten des Baumes auf der Wiese aufgestellt, der sonnenbeschienenen Platz direkt vor der niedrigen Bühne blieb leer. Die Kanadierin nahm das gelassen und führte mit viel Charme und Humor durch das zweigeteilte Set. In den vergangenen Jahren ist sie ausführlich durch Europa getourt und hat von diesen Reisen allerlei unterhaltsame Anekdoten mitgebracht, die sie zwischen ihren Folkpop-Songs einstreute. Ein gelungener Tageseinstieg!

MelanieDekker

Im gemütlichen Handwerkerhof leitete unter einem blauen Pavillon HAYELALA, eine siebenköpfige Band aus Israel, mit Klarinette, Kontrabass, Blasinstrumenten, Gitarre und Schlagzeug das Programm ein. Ihnen folgte MANOUZ, bereits vor zwei Jahren mit FELIX MEYER zahlreiche Auftritte auf und abseits der TFF-Bühnen absolviert hatte. Nun kehrte er mit seiner eigenen Band, die Gitarre in der Hand und den altbekannten Teppich im Gepäck, nach Rudolstadt zurück. Als sehr unterhaltsam entpuppten sich wenig später O-TON, die ausschließlich selbst geschriebene Stücke spielen und grundsätzlich völlig unverstärkt auftreten. Während sich die Instrumente gegen die Hintergrundgeräuschkulisse gut durchsetzen konnten wurde es bei den Ansagen zwischendurch schwieriger. Mit zum Megafon geformten Händen wurde diese Schwierigkeit von den gut gelaunten Musikern schnell überwunden und es konnten sogar Pärchen vor der Bühne zum Walzer tanzen motiviert werden.

OTon

Auch auf dem Neumarkt wurde wieder allerhand geboten. Multiinstrumentalist und Sänger MICHAEL ALPERT, der im Klezmer-Revival der 70er und 80er eine wichtige Rolle spielte, trat dort gemeinsam mit seinem amerikanischen Kollegen JULIAN KYTASTY auf. Mit Akkordeon und Bandura vereinten sie in ihrem Programm „Night Songs“ die jüdische Musiktradition Osteuropas mit der Folkmusik der Ukraine, die sich schon lange gegenseitig beeinflusst haben. Der anschließende Auftritt von TROLLMUSIKKEN gestaltete sich weniger als Konzert denn als schlichte Vorstellungsrunde alter Instrumente. Die vier Norweger teilten zwar die Bühne, waren aber nicht wirklich als Band anzusehen, sondern, ganz dem traditionellen norwegischen Musikkonzept entsprechend, als vier Solisten, die abwechselnd ihre Melodien spielten. Sie erklärten verschiedenen Blasinstrumente wie die Seljefløyte, gaben Hörproben auf der Langeleik zum Besten und spielten Signaltöne auf dem Bukkehorn. Ein interessantes Projekt, das allerdings zwischenzeitlich seine Längen hatte. Kurzweiliger war der Auftritt von HÜSCH!. Mal in thüringischer oder erzgebirgischer Mundart und mal auf Hochdeutsch holten sie traditionelle Lieder in die heutige Zeit hinüber. Das Ganze gestaltete sich dabei so frisch, dass auch Menschen, die keine besonderen Freunde der deutschen Volksmusik sind, daran ihre Freude haben konnten.

Im Park begann der Tag zunächst mit wundervollen afrikanischen Frauenstimmen. Das A-Capella-Ensemble NOBUNTU aus Zimbabwe setzt der sonst eher männlich geprägten Zulu-Tradition des Chorgesangs das weibliche Element entgegen. Neben den traditionellen Melodien ihrer Heimat brachten sie auch modernere Elemente wie zum Beispiel Gospel in ihre Lieder ein, die sie mit kleinen Tanzeinlagen auflockerten. Zwar hatte es sich, einmal mehr der heißen Uhrzeit geschuldet, der Großteil des Publikums im Schatten gemütlich gemacht, doch ernteten die vier Damen für ihren Auftritt nicht wenig Applaus.

Das erste Celtic-Highlight des Tages gab es anschließend auf der anderen Parkseite. Wer wollte, hatte die dort spielenden Künstler bereits mehrfach auf dem Festival sehen können, denn es gab wohl kaum eine Gruppe, die an diesem Wochenende so oft auftrat wie die MONSTER CEILIDH BAND. Von Freitag an hatte sie mit ihrer Kombination aus traditioneller Ceildh-Tanzmusik und elektronischen Drum ’n‘ Bass Rhythmen den Tanzbegeisterten im Stadthaus und im Tanzzelt bereits mehrfach eingeheizt. Und das ist wortwörtlich zu nehmen: Unter dem Zeltdach herrschten zeitweilig Temperaturen wie in einer finnischen Sauna. Auf der kleinen Parkbühne bewiesen die Briten, dass ihre Musik auch in konzertantem Rahmen funktionierte. Der Sound ging einfach in die Beine und die gute Laune, die die Band um die beiden hübschen Aushängeschilder Amy Thatcher (Akkordeon) und Grace Smith (Fiddle) auf der Bühne versprühte, wirkte hochgradig ansteckend.

MonsterCeilidhBand

Leider konnten wir dem Auftritt der MONSTER CEILIDH BAND nicht bis zum Ende beiwohnen, denn es galt den Burgberg der Heidecksburg zu erklimmen, für das zweite große Celtic Highlight. Im Gegensatz zu den Briten saßen die Protagonisten hier auf Stühlen und es gab auch keine Steptanzeinlagen. Dennoch, und obwohl zwei der drei bereits zu den älteren Semestern zählen, versprühte das Trio nicht weniger Energie als die Briten im Park. An dieser Stelle sei aus dem diesjährigen Programmheft zitiert: „Dass ein alter Mann sich eine junge Frau sucht, ist ja so selten nicht. Aber gleich zwei alte Männer und eine (junge) Frau? Nun gut, die drei werden wissen was sie tun.“ Und ob sie das wussten! Allen voran Irish Folk Urgestein DÓNAL LUNNY, der als Mitglied der BOTHY BAND und von PLANXTY zu den lebenden Musik-Legenden der grünen Insel zählt und Tags zuvor bereits am Magic-Cisters Projekt teilgenommen hatte. Kaum weniger legendär ist Knopfakkordeonist MÁIRTÍN O’CONNOR, der in Rudolstadt bereits zu den alten Bekannten zählt, war er doch bereits zum dritten Mal zu Gast in der Residenzstadt an der Saale. Zusammen mit Irlands neuestem Geigen-Wunderkind ZOË CONWAY entfachten die beiden „Oldies“ ein Irish-Folk-Feuerwerk, das selbst einem gestandenen TFF-Veteranen zeitweilig die Freudentränen in die Augen trieb. Immer mehr der Zuschauer verließen dann auch im Verlauf des Konzerts ihre schattige Deckung und trotzten tanzend der Sonne. Der abschließende Applaus lies den Burghof erbeben, leider verhallten die zahlreichen Rufe nach einer Zugabe wegen des engen Festivalzeitplans ungehört. Schade, da hätte man gerne noch mehr von gehabt!

DonalLunnyTrio

Wenn man an der folgenden Band auf der Burgterrasse nicht interessiert war, konnte man seine Zeit auf der Burg aber auch noch anders nutzen. Mit einem Besuch in den prunkvollen (und herrlich kühlen!) Säulensälen der Heidecksburg zum Beispiel, wo es eine interessante Ausstellung zu sehen gab. Der in Berlin wohnende, aber auf der ganzen Welt tätige Fotograf KEN SCHLUCHTMANN zeigte im Rahmen des Länderschwerpunkts Fotografien, die die einzigartige Landschaft Norwegens im Zusammenspiel mit moderner Architektur porträtierten. Im Rahmen einer Initiative der staatlichen norwegischen Straßenverwaltung entstanden in den letzten Jahren Rastplätze, Gebäude, Aussichtspunkte und Kunstwerke, die den Menschen eine bessere Nutzung und Erfahrung dieser Landschaft ermöglichen soll. Was zunächst befremdlich klingt, ist tatsächlich eine höchst spannende Symbiose, die KEN SCHLUCHTMANN in spektakulären Aufnahmen dokumentiert hat. Ein Programmpunkt abseits der Musik, den zu sehen sich wirklich lohnte.

Zurück im Park hörten wir gerade noch die letzten Stücke des DŽAMBO AGUŠEVI ORCHESTRA. Wenn man den fröhlichen Tumult so von weitem sah, hatten die Mazedonier es mit ihrem druckvollen und hochgradig tanzbaren Balkan-Brass-Sound scheinbar geschafft, den Platz vor der großen Bühne in einen wahren Hexenkessel zu verwandeln.

MarkErnestusNdaggaRhythmForce

Dies gelang der Berliner Dub- und Techno-Größe MARK ERNESTUS mit seiner senegalesischen NDAAGA RHYTHM FORCE, die im Anschluss an gleicher Stelle spielten, dann nicht ganz. Viele verlangte es nach der schweißtreibenden Balkan-Party erst einmal nach Abkühlung und zudem war der percussionlastige Sound auf Dauer auch recht eintönig.

Ungleich spannender, wenn auch nicht unbedingt besonders gut tanzbar, war das, was beim letzten Konzert auf der kleinen Bühne präsentiert wurde. Beim Auftritt von NOURA MINT SEYMALI handelte es sich um eine Premiere: Tatsächlich hatte zuvor noch kein Künstler aus Mauretanien beim TFF gespielt. Mit der Sängerin, die auch die nur Frauen vorbehaltene, neunsaitige Harfe Ardine spielte, schloss sich zum Jubiläum nun auch diese Lücke. Die Künstlerin kombinierte die traditionelle Musik Mauretaniens mit westlichen Sounds wie E-Gitarre, Bass und Schlagzeug zu einem spannenden Fusion-Mix, der durchaus zu fesseln vermochte.

Den Schlusspunkt unter das diesjährige TFF setzte dann der Auftritt von PATRICE auf der großen Parkbühne. Der in Köln, Paris und New York lebende Musiker mit deutsch-afrikanischen Wurzeln ist neben GENTLEMAN wohl der bekannteste deutsche Reggae-Star und mit Hits wie „Everywhere“ und seiner Gute-Laune-Show begeisterte er noch einmal die Massen, unter denen sich auch zahlreiche, vor allem jugendliche Tageskartenbesitzer fanden, die extra für dieses Konzert gekommen waren. Ein passender Ausklang für ein grandioses Festival!

Patrice

Doch was heißt Ausklang? Mutter Natur war es, die mit dem Wetter dem gesamten Wochenende ihren Stempel aufgedrückt hatte, und sie ließ es sich nicht nehmen, nun auch für den Schlussefekt zu sorgen: Nicht einmal zehn Minuten nachdem die letzten Töne von PATRICE verklungen waren, tat es einen großen Knall und das lange angekündigte Unwetter entlud sich direkt über der Stadt. Zwar musste sogar die Feuerwehr ausrücken, der Ruf stellte sich jedoch als Fehlalarm heraus und bis auf ein paar umgeworfene Schirme und Pavillons ging alle glimpflich aus und niemand kam ernsthaft zu Schaden.

Bleibt zum Schluss nur noch danke zu sagen an alle, die die vier Tage in Rudolstadt wieder einmal unvergesslich gemacht haben. Besonders das Festivalteam leistete bei diesen Verhältnissen Schwerstarbeit. Stellvertretend für alle genannt seien hier die sonst oft in der Kritik stehenden Mitarbeiter der Security, die trotz der brütenden Hitze nie die Geduld verloren und den Besuchern beinahe immer freundlich und gut gelaunt begegneten. Davor ziehen wir unseren Hut!

Auch im nächsten Jahr werden wir auf jeden Fall wieder gerne von diesem unvergleichlichen Event berichten. Dann wird der Länderschwerpunkt Kolumbien sein, passend zum Tanz des Jahres, dem Cumbia. Ein magisches Instrument steht noch nicht fest, da sich leider erst im Herbst entscheiden wird, ob diese einzigartige Konzertreihe mit dem bestehenden Konzept fortgesetzt werden wird. Wir halten Euch diesbezüglich auf dem Laufenden.

Das 26. TFF findet statt vom 7. bis 10. Juli 2016.

Mehr Bilder vom Festival gibt es in unserem Album TFF 2015.

Janina Stein

Über Janina Stein

Kulturgeographin, Fotografin und freie Journalistin, zuletzt 1 ½ Jahre unterwegs in Neuseeland, Australien und Asien. janina.stein (at) schubladenfrei.de
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