SAMARIS – Black Lights (CD-Review)

SAMARIS - Black Lights - Cover

Als das Trio Jófríður Ákadóttir, Áslaug Rún Magnúsdóttir und Þórður Kári Steinþórsson vor fünf Jahren in Island zusammenfand, hatte wohl keiner der drei eine genaue Idee, wohin die Reise gehen, geschweige denn wie groß das Ganze innerhalb kurzer Zeit werden würde. Inzwischen sind SAMARIS in Clubs und auf Festivals rund um die Welt aufgetreten und eine feste Größe in der internationalen Electronica-Szene. Auf ihrem im Juni erscheinenden Album „Black Lights“ verarbeiten die Musiker diese Erfahrungen und läuten damit auch ein neues Kapitel in der Bandgeschichte ein.

Die signifikanteste Neuerung fällt bereits beim Lesen der Album-Tracklist ins Auge: Waren die Songs auf den beiden Vorgängern noch durchweg in ihrer eigenen Landessprache, tragen jetzt alle Songs englische Titel und werden auch durchgehend in Englisch gesungen. Dass sollte jetzt allerdings nicht als eine Anbiederung an das zunehmend internationale Publikum der Band verstanden werden. Vielmehr ist es ganz einfach die logische Konsequenz und Ausdruck der ganz persönlichen neuen Lebenswege, den die drei jungen Künstler nun seit einiger Zeit beschreiten. Während sie sich ihrer Heimat Island nach wie vor sehr verbunden fühlen, hat sich der Lebensmittelpunkt der einzelnen Musiker inzwischen ins Ausland verlagert. Während Þórður in Berlin und Áslaug in Den Haag ansässig ist, hat Jófríður derzeit keinen festen Wohnsitz und reist auf der Suche nach musikalischen Inspirationen durch die Welt.

Als man sich im letzten Jahr entschloss, ein neues Album aufzunehmen, kam man, so die Band, sehr schnell zu der Entscheidung, es diesmal auf Englisch zu versuchen. Die Band mietete ein Airbnb-Appartement in Berlin und richtete sich dort ein improvisiertes Studio ein. Während sie an den Melodien arbeiteten, machten die drei auch erste Text-Notizen. „Das war erst mal Kauderwelsch“, erklärt Jófríður. „Erst später haben wir es zu etwas zusammengefügt, was für uns Sinn ergab.“

Ähnlich patchwork-artig gestaltete sich die weitere Entstehung des Albums. Weitere Teile entstanden in Reykjavik und in Irland, zwischenzeitlich schickten sich die Musiker einzelne Files hin und her – im Internet-Zeitalter stellt so etwas ja kein großes Problem dar. Zusammengefügt wurde das Ganze schließlich in einem Studio im isländischen Hafnarfjörður.

Doch die Lebenssituation der Bandmitglieder wirkte sich nicht nur auf den Aufnahmeprozess aus, auch in ihrem Privatleben ging es teilweise recht turbulent zu, wie Jófríður erzählt: „Alle hatten mit Wirren in ihrem Liebesleben zu kämpfen. Einige hatten Beziehungen, die nicht funktionierte, andere waren einfach komplett durcheinander. Daran hat sich eigentlich nichts verändert“, lacht sie. Besonders der Song „T3mpo“ reflektiert diesen Aspekt im Leben der Band.

À propos Tempo: Auch dies ist ein Aspekt, der sofort ins Auge beziehungsweise in dem Fall ins Ohr sticht: Im Gegensatz zu den Vorgängeralben klingt die Musik ein wenig peppiger und auch fröhlicher, in jedem Fall tanzbarer als einige der alten Downtempo-Nummern. Auch ist (leider) Áslaugs Klarinette nicht mehr ganz so präsent, wie man es von den alten Stücken gewohnt ist. Entstanden ist so ein modernes, mondänes Electronica-Album, irgendwo zwischen entspanntem Lounge-Chillout und lässigem Club Dance Sound.

Wunderschön anzuhören, das in jedem Fall, aber an mancher Stelle vermisst man doch den speziellen Zauber, den die alten isländischen Texte verströmten. Natürlich versteht man die Texte nun auch als des Isländischen Unkundiger und Jófríðurs Stimme besitzt genug nordischen Charme, um das Album nicht in irgendeiner Form beliebig erscheinen zu lassen. Dennoch würde ich mir auf der nächsten Scheibe wieder ein paar Texte in der Heimatsprache der drei wünschen. Vielleicht ergibt sich so eine noch spannendere Balance. Aber das ist in jedem Fall Kritik bzw. jammern auf allerhöchstem Niveau, denn alles in allem kann man für das neueste Werk von SAMARIS nichts anderes vergeben als das Prädikat „sehr empfehlenswert“.

Einige der neuen Stücke hat das Trio bereits beim letzten Showcase-Auftritt in Berlin live vorgestellt. Bleibt zu hoffen, dass die nächste vollständige Club-Tour nicht mehr all zu fern ist.

VÖ: 10.06.2016

One Little Indian / Rough Trade

Tracklist:

01. Wanted 2 Say
02. Black Lights
03. Gradient Sky
04. T3mp0
05. I Will
06. R4vin
07. 3y3
08. T4ngled
09. In Deep

Florian Hessler

Über Florian Hessler

Archäologe, Historiker und freier Journalist (u.a. Zillo Medieval, Sonic Seducer, Miroque, Metal-District, Piranha) floh.hessler(at)schubladenfrei.de
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